16. September 2021

Wir müssen den Klimaschutz wichtiger nehmen

Die FDP hat eine Große Anfrage zur Nutzung von Solar-Energie gestellt. Die Antworten der Verwaltung wurden auf der Ratsversammlung am 14.9.2021 verlesen. https://session.neumuenster.de/session/bi/getfile.php?id=76942&type=do

Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Sven Radestock:

(Hinweis: Die Rede wurde frei gehalten, der tatsächlich gesprochene Wortlaut weicht deshalb leicht ab. Der Mitschnitt der Rede findet sich hier: https://www.youtube.com/watch?v=4alX8T30Vn0)

Die Antworten, die wir erhalten haben, sind ernüchternd. Viele hatten vielleicht die Illusion, wir seien auf einem guten Weg, unser Ziel zu erreichen, im Jahr 2035 klimaneutral zu sein.

Jetzt wissen wir: Es wird viel gewuselt, aber es fehlt der Zug, es fehlt die Entschlossenheit. Die Messlatte ist hoch – geschafft haben wir fast nichts. Wir kommen nicht aus dem Quark!

Ich will nur auf einige Punkte aus der umfangreichen Antwort kurz eingehen:

Was Solar-Energienutzung angeht, werden die Versäumnisse der Vergangenheit mit vielen Worten schöngeredet. Jetzt endlich ist Solar auch wirtschaftlich möglich, heißt es sinngemäß. 

Dass es vorher nicht so war, wage ich zu bezweifeln. Klar: Anlagen sind günstiger und die Strompreise höher geworden, da lohnt sich Eigenverbrauch – aber: Dafür war früher auch die Förderung höher. Ich erspare Ihnen und uns genauere Berechnungen.

Es wird von einem kontinuierlichen Energiemanagement gesprochen, dass geholfen haben soll, den Energieverbrauch zwar nicht zu verringern, aber nicht ganz so stark steigen zu lassen. Wie genau da was gemanagt wurde, bleibt aber unklar. 

Entlarvend ist auf jeden Fall: Es findet offenbar kein ordentlicher Austausch mit den städtischen Beteiligungen statt:

  • Ein Konzept für die Stromversorgung bis 2035 liegt nicht vor – ggf. sollten wir doch mal bei den SWN nachfragen.
  • Die Wobau startet ein Energieprojekt mit eigenem Konzept – das ich gut und intgeressant finde – aber von dem die Stadt offenbar gar nichts weiter weiß, unkoordiniert guckt sie zu.

Negativer Höhepunkt ist für mich aber die Antwort auf Frage 6 aus dem Jahr 2008. Es geht darin um Informationsaustausch mit anderen Städten und Gemeinden. 

Zitat: 

Über den regelmäßigen Austausch im Netzwerk der KlimaschutzmanagerInnen ist bekannt, dass viele andere Kommunen erneuerbare Energie, insbesondere Solaranlagen (PV und/oder Solarthermie) einsetzen. 

Ach was! Für solche Erkenntnisse brauchen wir wohl kaum einen Klimaschutzmanager.

Wir warten seit Jahren darauf, dass endlich klar ist, auf welche städtischen Dächer Solaranlagen können.

Es gibt viele Energie-Förderprogramme, die endlich gesichtet werden müssen.

Und wir müssen Möglichkeiten finden, die Menschen in NMS zu unterstützen, wenn Sie in erneuerbare Energieerzeugung einsteigen wollen. 

Und all das soll von einer kleinen Abteilung geleitet werden, in der fleißige Menschen arbeiten können, das aber unter unzureichenden Bedingungen.

Zeitweise sind in dieser Abteilung jetzt gerade mal eine Mitarbeiterin in Teilzeit und ein Praktikant. Für die Elternzeit von Mitarbeitenden wurde keine Vertretung organisiert. 

Hat eine solche Abteilung die Autorität, um sich in der Verwaltung durchzusetzen? Ich wage es zu bezweifeln.

Und wir können das auch sehen an den Vorlagen, die wir bekommen – sehr unterschiedlich wird da eine Antwort gegeben auf die Frage, ob das Vorhaben sich auf das Klima auswirkt.

Wir müssen den Klimaschutz und die Arbeit daran in unserer Verwaltung dringend stärken. Sie müssen ganz oben angesiedelt werden, immer berücksichtigt werden. 

So wie es bei der Gleichstellungsbeauftragte oder auch beim Personalrat der Fall ist. 

Dafür braucht der Klimaschutz die Rückendeckung der Verwaltung, ihrer Spitze – und auch der Selbstverwaltung!

Wir als Ratsversammlung müssen auch in unseren Ausschüssen konsequent sein.

Wir haben zwar eine ökologische Leitlinie für Bauvorhaben, aber die enthält statt tatsächlicher Standards viele Schlupflöcher.

Wir dürfen gerade im Planungs- und Umweltausschuss nicht weiter munter Beschlüsse fassen, die gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit verstoßen. Wir müssen uns schon entscheiden: Wollen wir Klimaschutz oder wollen wir Investoren gefallen?

Vielen Dank an die FDP, dass sie mit ihrer Großen Anfrage den Finger in die Wunde legt.

Aber nachfragen reicht nicht – so hätte es uns schon sher weitergebracht, wenn die FDP dann im vorigen Jahr auch dem Solarkataster zugestimmt hätte.

Wir freuen uns, dass unser neuer Oberbürgermeister noch in diesem Jahr einen Klimaschutzrat ins Leben rufen will. Wir sind gern dabei, heiße Luft hatten wir genug.